Labyrinthe spielen seit der Antike in bildlichen Darstellungen und in der Literatur eine Rolle. Vergleicht man die Labyrinthe in Kunst und Literatur, stosst man auf einen scheinbaren Widerspruch: In der Literatur ist von Labyrinthen die Rede, in denen man sich verirrt, wahrend die Abbildungen bis zum 15. Jahrhundert ausschliesslich Labyrinthe zeigen, die aus einem einzigen, meist verschlungenen Weg bestehen. Brigitte Burrichter zeichnet hier anhand von literarischen Texten nach, dass das einstrangige Labyrinth bei den ...
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Labyrinthe spielen seit der Antike in bildlichen Darstellungen und in der Literatur eine Rolle. Vergleicht man die Labyrinthe in Kunst und Literatur, stosst man auf einen scheinbaren Widerspruch: In der Literatur ist von Labyrinthen die Rede, in denen man sich verirrt, wahrend die Abbildungen bis zum 15. Jahrhundert ausschliesslich Labyrinthe zeigen, die aus einem einzigen, meist verschlungenen Weg bestehen. Brigitte Burrichter zeichnet hier anhand von literarischen Texten nach, dass das einstrangige Labyrinth bei den Kirchenvatern und im Mittelalter im Zuge der Christianisierung der Labyrinthform eine eigenstandige, klar vom Irrweglabyrinth abgegrenzte Bedeutung bekommt: Steht das einstrangige Labyrinth fur den Heilsweg, so steht das Irrweglabyrinth fur das sundige Leben. Diese Unterscheidung war Voraussetzung dafur, dass im Ubergang vom Spatmittelalter zur Renaissance beide Labyrinthtypen asthetisiert werden konnten. Die Losung vom christlichen Kontext ermoglichte dann auch die bildliche Darstellung von Irrweglabyrinthen als asthetischen Gebilden. Die Untersuchung der literarischen Labyrinthe des 13. bis 16. Jahrhunderts ermoglicht es, diesen Ubergang mit zeitgenossischen Texten zu belegen und differenziert nachzuzeichnen.
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