Mit dem strikt reglementierten, durch Trinkspr???che strukturierten und durch einen Tischmeister geleiteten Bankett namens supra steht eines der beliebtesten Stereotypen georgischer nationaler Identit???t und ein Klassiker der georgischen Ethnologie im Zentrum dieses Buches. Durch die Einbettung in rezente Performanztheorien, die historische Kontextualisierung des supra im Prozess des nation building sowie die Kombination von Fallstudien mit quantitativen Verfahren kann ein komplexes Bild gezeichnet werden, das bisher als ...
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Mit dem strikt reglementierten, durch Trinkspr???che strukturierten und durch einen Tischmeister geleiteten Bankett namens supra steht eines der beliebtesten Stereotypen georgischer nationaler Identit???t und ein Klassiker der georgischen Ethnologie im Zentrum dieses Buches. Durch die Einbettung in rezente Performanztheorien, die historische Kontextualisierung des supra im Prozess des nation building sowie die Kombination von Fallstudien mit quantitativen Verfahren kann ein komplexes Bild gezeichnet werden, das bisher als gesichert genommene Annahmen ???ber den Untersuchungsgegenstand sowie Ritualisierung und Performanz im Allgemeinen in Frage stellt.Wie das erste und zweite Kapitel zeigen, wirkt das supra auf zwei zeitlichen Ebenen gleichzeitig. Auf der einen Seite werden pr???kodierte Verfahrensweisen w???hrend der Performanz aktualisiert. Dadurch entsteht Kontinuit???t und Tradition. Auf der anderen Seite wird durch den konkreten Anlass der Performanz eine Z???sur in der Zeit gesetzt und soziale und individuelle Erinnerung erzeugt. Wesentlich ist dabei, dass formalisierte Sprechakte und Handlungen nicht eins zu eins ???bernommen, sondern intentional modifiziert werden - und werden sollen. Diese Intentionalisierung des rituellen Prozesses verkn???pft individuelle mit kollektiver Identit???t zu einer unentwirrbaren Einheit und erlaubt den Akteuren das Verfolgen pers???nlicher Interessen unter Vorspiegelung von Absichtslosigkeit. Das dritte Kapitel liefert einen Aufriss der Geschichte des supra und seiner konstitutiven Elemente. Auf der Grundlage von historischen Quellen wie Reiseberichten, Lexika und literarischen Werken sowie auf dem Weg der etymologischen Spurensuche kommt der Autor zu dem Schluss, dass das supra in seiner heute charakteristischen Form ein Produkt des 19. Jahrhundert darstellt - und somit als ein Beispiel von "erfundener Tradition" im postsowjetischen Raum gelten kann. Das vierte Kapitel erschlie???t mit Verfahren aus den Kognitionswissenschaften den Zusammenhang von M???nnlichkeitsbildern und der Performanz des supra. Dabei werden Besonderheiten der Konstruktion von gender sowie des kulturell gepr???gten Verst???ndnisses von Bildung in der georgischen Gesellschaft deutlich.
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