Straaen(um)benennungen haben seit den 2000er-Jahren Konjunktur: Politisch inakzeptabel erscheinen in den offentlichen Erinnerungsdebatten mittlerweile Personlichkeiten mit Nahe zum Nationalsozialismus. In Diskussion steht jedoch nicht nur die historisch-kulturelle Orientierungsfunktion von Straaenbenennungen, sondern auch die Frage, auf welche Weise topografische Bezeichnungen Dominanzverhaltnisse und hegemoniale Erinnerungsdiskurse abbilden. Aber der in diesem Kontext vielfach geauaerte Ruf nach mehr Gendergerechtigkeit ...
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Straaen(um)benennungen haben seit den 2000er-Jahren Konjunktur: Politisch inakzeptabel erscheinen in den offentlichen Erinnerungsdebatten mittlerweile Personlichkeiten mit Nahe zum Nationalsozialismus. In Diskussion steht jedoch nicht nur die historisch-kulturelle Orientierungsfunktion von Straaenbenennungen, sondern auch die Frage, auf welche Weise topografische Bezeichnungen Dominanzverhaltnisse und hegemoniale Erinnerungsdiskurse abbilden. Aber der in diesem Kontext vielfach geauaerte Ruf nach mehr Gendergerechtigkeit und mehr Sichtbarkeit von Frauen im offentlichen Raum erweist sich im Zuge der gegenwartigen Umbenennungspraktiken mitunter als paradoxes Rezept gegen politisch fragwurdige Ehrungen: Nicht wenige Wissenschafterinnen, die als akademische Pionierinnen und Wegbereiterinnen ihres Faches heute mit Straaennamen gewurdigt werden, waren auch politisch aktive Nationalsozialistinnen. An dieser anachronistisch anmutenden Praxis offentlicher Gedachtnispolitiken setzt das vorliegende Heft an, indem es Perspektiven der Frauen- und Geschlechtergeschichte mit Biografie- und Wissenschaftsforschung verknupft. Vorgestellt werden drei prominente Wissenschafterinnen, nach denen in jungster Vergangenheit Straaen benannt wurden: die Historikerin Mathilde Uhlirz (1881-1966), die Theaterwissenschafterin Margret Dietrich (1920-2004) und die Botanikerin und Agrarwissenschafterin Lore Kutschera (1917-2008).
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